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Ein Dorf sagt „Nein!“

 
Volles Haus: an die  300  Bürger aus der Marktgemeinde interessierten sich für die Diskussion um die Windräder auf den Weitnauer Höhenzügen.
 
Bild Visualisierte  Standorte:
Für viele ein Horrorszenario:  so könnte es  bald um Weitnau herum aussehen
 
 

Weitnau wehrt sich gegen Windkraft-Pläne „von oben“ – Bürger können sich bis 22.März äußern

Weitnau - Deutschland braucht neue Energie, Zehntausende von riesigen Windrädern sollen aus Wind Strom machen. Wo diese Anlagen stehen sollen, das gibt im Allgäu der „Regionale Planungs-Verband“(RPV) vor. Die einzelnen Gemeinden haben darauf keinen Einfluss. Die Marktgemeinde Weitnau möchte das nicht hinnehmen. In einer von den Bürgern geradezu gefluteten öffentlichen Sitzung am 13. März hat der Gemeinderat einstimmig die Pläne des RPV kategorisch abgelehnt. „Wir müssen Schaden von unserer Gemeinde abwenden!“ so Bürgermeister Florian Schmid kämpferisch.

Rund 300 Bürger drängelten sich im großen Saal  des „Goldenen Adlers“ in Weitnau, sie saßen auf der Empore, standen an den Wänden, warteten gespannt auf die Argumente der vom Bürgermeister eingeladenen Fachleute. Schmid ließ erstmal eindrückliche Visualisierungen der vom RPV geplanten Windräder auf die Bühne werfen: Dutzende bis zu 250 Meter hoher Anlagen drehen sich auf den exponierten und bisher wegen ihrer Abgeschiedenheit geschätzten Höhenzüge rund um Weitnau und seine Ortsteile Wengen, Kleinweiler, Hellengerst, Rechtis und Seltmans-Sibratshofen. „Wir werden umzingelt und bedrängt von diesen Anlagen,“ hieß es unter den Gemeinderäten. Der erst mühsam in Gang gekommene und nun zum wichtigen wirtschaftlichen Standbein der finanziell chronisch klammen Marktgemeinde aufgestiegene Tourismus verlöre durch die „Zerhackung unserer Wälder“ seine Grundlage. „Die Urlauber kommen doch vor allem wegen unserer Natur und der intakten Landschaft zu uns,“ stellte Christian Müller vom Tourismusverein nüchtern fest.  Die Geoökologin Ute Arnold lenkte den Blick auf den Boden der Tatsachen: „Alle vom RPV vorgesehenen Aufstellflächen sind aus meiner Sicht nicht geeignet!“ Zu steil, zu instabil, Gefahr von Muren, Sturzfluten und Beeinträchtigung der nach wie vor aus eigenen Quellen stammenden Trinkwasserversorgung. Waldbesitzer und Jäger verwiesen auf die negativen Folgen für Flora und Fauna, wenn bis zu sechs Meter breite „Zugangsautobahnen für schwere Lastwagen“ ins Gehölz geschlagen werden müssten.

In der immer wieder vom starken Beifall Hunderter Zuhörer unterbrochenen Diskussion im Rat zeigte sich Florian Babl verwundert darüber, dass der südliche Teil des Planungsgebietes entlang der Alpen „wie durch Geisterhand jetzt plötzlich keine Standorte mehr für Windkraftanlagen aufweist, der nördliche aber offensichtlich die ganze Last zu tragen hat. Das ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit!“ Sein Kollege Michael Eder kritisierte, dass der RPV „nicht sauber gearbeitet hat“, Gemeinderätin Manuela Müller-Gassner beklagte „die ungleiche Verteilung der Windräder, eine klare Benachteiligung Weitnaus!“ Und sie setzte nach: „Bis vor kurzem waren diese Anlagen für unseren Raum offiziell ausgeschlossen, warum gilt das plötzlich nicht mehr?!“ Die Grünen im Gemeinderat stellten zwar die Notwendigkeit der Windkraft grundsätzlich nicht infrage, sie lehnten aber die Pläne des Regionalverbandes entschieden ab: „Windräder auf dem Hauchenberg und Sonneck - das geht gar nicht!“ (Alexander Nowikow). Sebastian Danner verlangte „Verbindlichkeit und vor allem Transparenz - das Thema des geologischen Zustands der angedachten Standorte ist bisher überhaupt noch nicht berücksichtigt worden!“

Sehr interessant die Aussage des als Zeitzeuge eingeladenen Altbürgermeisters Peter Freytag: „In meiner Amtszeit vor 25 Jahren hat der RPV unser Gebiet zum windkraftfreien Areal erklärt und dies bei einem Lokaltermin bestätigt.“ Und als Bauingenieur fügte Freytag hinzu: „Die Stabilität unserer Böden ist sehr schlecht, wir haben immer wieder Hangrutsche und Muren - ich weiß, was mit diesen Böden passieren kann.“  Mit dem Applaus der Bürger entschied der Gemeinderat, die aktuellen Pläne abzulehnen und die Mitglieder des Planungsverbandes nach Weitnau einzuladen, um sich die Situation vor Ort anzuschauen. „Wenn sich die Planer schon früher mal die Bergstiefel angezogen und unsere Berge angeschaut hätten, wäre vermutlich ein anderes Ergebnis rausgekommen,“ mutmaßte Bürgermeister Florian Schmid. Er hat bereits Gespräche mit den Nachbargemeinden Missen-Wilhams und Waltenhofen aufgenommen - auch dort stehen die Pläne zum Ausbau der Windkraftanlagen in der Kritik. (Lutz Bäucker)

WICHTIG :

Bis zum Samstag, 22.März, können alle Bürger ihre Meinung zu den Plänen äußern. Eine Mail an den RPV genügt.

Die Adresse lautet:  beteiligung.rpv.allgaeu@kaufbeuren.de

 

Bild Karte
Rot schraffiert die geplanten Standorte der Windkraftanlagen: der Weitnauer Gemeinderat sagt  "Nein!" dazu .

 
Foto und Text: Lutz Bäucker
 

 

 

 


 
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